Verfassungsmäßigkeit des Grundsteuergesetz: Neue Verfassungsbeschwerde
Die Verfassungsmäßigkeit der Grundsteuer für selbst genutztes Wohneigentum steht seit einiger Zeit auf dem Prüfstand des Bundesverfassungsgerichts (Az.: 1 BvR 1644/05). Wir hatten bereits empfohlen, Grundsteuerbescheide unter Hinweis auf diese Verfassungsbeschwerde offen zu halten und ggf. auch gegen Grundsteuermessbescheide anzugehen. Eine neue Verfassungsbeschwerde (Az.: 1 BvR 311/06) geht deutlich über die bisherigen Einzelfragen hinaus, indem sie beabsichtigt, das gesamte Grundsteuergesetz und das gesamte Verfahren zur Erhebung der Grundsteuer einschließlich der Einheitsbewertung des Grundvermögens verfassungsrechtlich überprüfen zu lassen.
Der Beschwerdeführer argumentiert, die Grundsteuer sei als Sonderbelastung nur eines bestimmten Vermögensteils eine Sonder-Vermögensteuer für Grundbesitzer und somit unter Beachtung des Gleichheitsgebots des Art. 3 GG nicht mehr zu rechtfertigen. Die Kritik richtet sich gegen alle drei Stufen der Grundsteuer: Einheitswertfestsetzung, Festsetzung des Grundsteuermessbetrages und Erhebung der Grundsteuer.
Bereits die Einheitsbewertung des Grundvermögens verstoße nicht zuletzt vor dem Hintergrund der BVerfG-Beschlüsse vom 22. Juni 1995 (Az.: 2 BvL 37/91 und 2 BvR 552/91) auf Grund der hiermit verbundenen Wertverzerrung gegen den grundgesetzlichen Gleichheitsgrundsatz. Wie der Beschwerdeführer weiter ausführt, sei auch die auf Jahresrohmieten (= Sollmieten) der Jahre 1964 (West) bzw. 1935 (Ost) basierende Einheitswertermittlung bei vermieteten Wohn- und Geschäftshäusern lediglich ein Schätzwert, wobei in den neuen Bundesländern auf Unterlagen der früheren Preisgenehmigungsbehörde der DDR zurückgegriffen wird. 15 Jahre nach der Wiedervereinigung müsse vom Gesetzgeber erwartet werden können, eine rechtsstaatliche und einheitliche Rechtsgrundlage zu schaffen. Falls bestimmte Regionen gefördert werden sollen, können die Kommunen dies über die Hebesätze selbst erreichen.
Dadurch, dass die Grundsteuer nicht die Verbindlichkeiten, die auf der Immobilie lasten, berücksichtige, widerspreche sie als Brutto-Steuer dem Prinzip der Besteuerung nach der finanziellen Leistungsfähigkeit (Art. 3 Abs. 1 GG) und verstoße gegen das Gebot des besonderen Schutzes von Ehe und Familie (Art. 6 Abs. 1 GG).
Das in der bereits anhängigen Verfassungsbeschwerde (Az.: 1 BvR 1644/05) vorgebrachte Argument, die auf selbstgenutztes Wohneigentum erhobene Grundsteuer sei eine unzulässige Sollertragsteuer, wird auf nicht ertragbringende (weil unvermietete) Grundstücke ausgedehnt. Die Steuer komme einer teilweisen Enteignung gleich und sei mangels Entschädigungsregelung verfassungswidrig (Eigentumsgarantie des Art. 14 GG), zumal ein Erlass nach § 33 GrStG auf Grund der restriktiven Rechtsprechung des BVerwG faktisch ausgeschlossen sei.
Beratungshinweis: Bei Einsprüchen gegen Einheitswert- und Grundsteuermessbescheide bzw. bei Herabsetzungs- und Aufhebungsanträgen kann ein Ruhen des Verfahrens unter Bezugnahme auf diese Verfassungsbeschwerde erwirkt werden. Bei Widersprüchen gegen Grundsteuerbescheide sei erneut darauf hingewiesen, dass oftmals ein Ruhen des Verfahrens nicht gewährt wird. Ob die neue Verfassungsbeschwerde Aussicht auf Erfolg hat, ist derzeit nicht absehbar.
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